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Demographischer Wandel: Vorreiter Europa

Europa war im 18. und 19. Jahrhundert Ausgangspunkt der globalen Bevölkerungsexpansion. Jetzt geht von hier die Trendumkehr aus. Wie Europa diese meistert, ist von zentraler Bedeutung - auch für die übrige Welt. Es hat die Aufgabe zukunftsfähige Wirtschafts- und Lebensweisen für eine zahlenmäßig schrumpfende und alternde Bevölkerung zu entwickeln, deren materieller Wohlstand an Grenzen stößt und deren gesellschaftlicher Zusammenhalt schwindet. Wenn Europa dies gelingt, könnte der von ihm eingeschlagenen Pfad der übrigen Welt Orientierung sein.

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Während die Weltbevölkerung bis 2100 von heute sieben auf zehn Milliarden zunehmen dürfte, wird in Europa die Zahl der Einwohner von heute 740 Millionen auf 675 Millionen zurückgehen.[1] Stehen derzeit einem Europäer acht Nichteuropäer gegenüber, werden es 2050 zwölf und 2100 sogar 14 sein. Anders gewendet: Von 100 Weltbürgern sind heute elf Prozent Europäer. 2050 werden es nur noch acht, 2100 sogar lediglich knapp sieben Prozent sein.

 

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Der Bedeutungsrückgang Europas könnte noch dadurch beschleunigt werden, dass hier die Bevölkerung wesentlich älter ist als in der übrigen Welt. Heute ist der Anteil der über 59-Jährigen an der Gesamtbevölkerung in Europa mit 22 Prozent reichlich doppelt so hoch wie in den Regionen außerhalb Europas. 2050 wird er noch immer gut eineinhalbmal so hoch sein. Dagegen ist der Anteil unter 20-Jähriger in Europa mit 21 Prozent nur etwa halb so hoch wie in der übrigen Welt. Und auch 2050 wird die übrige Welt deutlich mehr unter 20-Jährige als Europa haben, wo weiterhin nur etwa ein Fünftel dieser Altersgruppe angehören wird.

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Dennoch wird auch die übrige Welt zügig älter, so dass sich - unter den gegebenen Annahmen - im Jahr 2100 die Altersprofile bemerkenswert angeglichen haben werden. Zwar werden in Europa mit 33 gegenüber 28 Prozent in der übrigen Welt immer noch mehr über 59-Jährige leben und auch Europas Jugendanteil wird mit 22 gegenüber 24 Prozent etwas geringer sein. Doch dürfte sich in Europa bis dahin der demographische Wandel vollzogen haben, während große Teile der übrigen Welt mitten in diesem Prozess stecken werden.

Umso wichtiger ist, dass Europa in den nächsten Jahren Anpassungsstrategien an den demographischen Wandel entwickelt, die auch von anderen Regionen übernommen werden können. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Maßnahmen auch bei sinkendem materiellen Wohlstand ein ausreichendes Maß an Sicherheit bieten, bürgerschaftliches Engagement und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken sowie nicht auf Kosten von Umwelt und künftigen Generationen umgesetzt werden.

(Stand: 29. September 2011, Elias Butzmann)

 

[1]   Diese und alle folgenden Zahlen beruhen auf Daten der UN Population Prospects, die auf Basis der so genannten medium variant berechnet werden. Bei der medium variant wird davon ausgegangen, dass es weltweit zu einer schrittweisen Angleichung der Geburtenrate kommt. Somit steigt die Geburtenrate in Europa von heute bis 2100 von 1,6 auf rund 2 Kinder je Frau. Weltweit wird die Geburtenrate von 2,5 auf rund 2 Kinder je Frau absinken.